Zweieinhalb Wochen hier und mittlerweile habe ich schon ein gutes Bild von Gisenyi. Die Zeit ist auf der einen Seite verflogen, andererseits habe ich schon so viel gesehen und erlebt – kaum zu glauben!Ich kenne mich schon relativ gut aus und weiß, wohin ich muss, wenn ich Essen, Möbel oder andere Dinge kaufen will, wie ich zu Vision Jeunesse Nouvelle komme oder wo man abends nett ein Bierchen trinken kann. Das alles hilft mir sehr im Prozess, mich hier wohlzufühlen.
Ein bisschen was zur Stadt: Gisenyi hat ungefähr 100.000 Einwohner und liegt in der Western Province direkt an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo. Von zu Hause wäre ich zu Fuß in etwa 20 Minuten im Kongo, allerdings ist das vom weltwärts-Programm und Misereor strengstens untersagt. Auf der anderen Seite der Grenze liegt die kongolesische Großstadt Goma.
Die Nähe zum Kongo spürt man hier in Gisenyi definitiv: Neben Kinyarwanda wird häufig auch Swahili gesprochen oder teilweise mit Kinyarwanda vermischt. Außerdem sieht man überall kongolesische Autos (meist sind das die mit Abstand teuersten) und es gibt viele Menschen, die täglich pendeln oder hier leben und urspünglich aus dem Kongo kommen.
Noch vor einigen Wochen war meine erste Assoziation zum Kongo: „Oje, dort ist's gefährlich!“
Das hat sich schon jetzt geändert: Es ist unglaublich schön, mit so vielen verschiedenen Kulturen in Kontakt zu kommen und völlig normal, hier Kongolesen und Kongolesinnen zu treffen. Trotz der Spannungen auf politischer Ebene und der höheren Gefahren/Kriminalität im Kongo scheint die Grenze für Ruander fast wie die schweizer Grenze für die Deutschen. Mit Reisepass und einem kleinen Schreiben kann man die Grenze problemlos passieren.
Gerade diese kulturelle Vielfalt schätze ich sehr. Man trifft Menschen aus dem Kongo, Burundi, Uganda und Kenia und anderen Ländern. Dadurch bekommt man ganz andere Eindrücke und Perspektiven.
Etwas abgeschweift, zurück zum schönen Gisenyi! :)
Gisenyi liegt direkt am Ufer des Kivusees, der knapp fünfmal so groß ist wie der Bodensee. Ich bin bereits einmal darin geschwommen und freue mich darauf, ab und an nach dem Arbeiten eine Runde schwimmen zu gehen. Aus der Kantine meiner Organisation Vision Jeunesse Nouvelle hat man einen super Blick auf den See und ist zu Fuß gerade mal 100 Meter entfernt. Mittagspause am Strand – es könnte einen schlimmer treffen!
In Artikeln im Internet wird der Kivusee häufig „gefährlichster See der Welt“ genannt. In den untersten Wasserschichten des Sees befinden sich nämlich riesige Gasvorkommen an Methan und CO2, die im Fall eines Aufsteigen enorm gefährlich wären. Die Vorkommen sind allerdings gleichzeitig eine Chance, denn das Gas kann gefördert und zur Stromproduktion genutzt werden. Das es tatsächlich zu einem Aufsteigen, des Gases kommt, ist sehr unwahrscheinlich, die eigentliche Gefahr dementsprechend gering.
Ansonsten liegt Gisenyi wie der ganze Westen Ruandas ziemlich in den Bergen und sehr hoch (1500 m ü. NN). In einigen Kilometern Entfernung ist der höchste Berg Ruandas namens Karisimbi mit 4500 m Höhe (Teil der Virunga-Vulkankette). Auf kongolesischer Seite und in Sichtweite liegt der Nyiragongo (3470 m ü. NN). Dieser ist einer der aktivsten Vulkane überhaupt und der Vulkan mit dem größten Lavasee der Welt. Vielleicht kennt der eine oder die andere ihn aus den Nachrichten, denn 2021 gab es einen starken Ausbruch.
Insgesamt bin ich mir sicher, dass ich mich hier sehr schnell sehr wohl fühlen werde. Die Stadt ist schön und alles ist fußläufig erreichbar. Zum Markt brauche ich zu Fuß etwa 10 min, zu VJN gut 20 min und ansonsten kann man auch ganz einfach das „Moto“ nehmen. Das sind Motorradtaxis, die einen für 300 bis 400 Rwanda Franc (30 – 40 Cents) überall hinfahren. Das ist nicht nur praktisch, sondern macht auch echt Spaß!